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Andersesser: Laktoseintoleranz


Im Rahmen meiner kleinen Reihe von, mit und über "Andersesser", startet heute Heike mit einer Beschreibung wie es ihr mit ihrer Laktoseintoleranz ergeht. Heike ist 28 Jahre alt, Waldorflehrerin und betreibt unter dem Titel "Ich glaub ich steh im Waldorf" ebenfalls einen Blog.

Dass es Menschen gibt, die Milchprodukte nicht gut vertragen können, ist mittlerweile kein Geheimnis mehr. Im Fernsehen läuft Werbung für Tabletten, mit deren Hilfe man wieder unbesorgt ein Glas Milch trinken kann oder für eine Produktreihe, die sich komplett auf laktoseintolerante Kunden konzentriert. Auch Supermarktkunden erhalten in großen Märkten mittlerweile Informationen, in welchem Produkt keine Laktose enthalten ist und Netto bietet mittlerweile ein ganzes Regal voll seltener Lebensmittel an, die keinen Milchzucker enthalten. Laktoseintoleranz ist eigentlich auch der Normalzustand.
Dass wir nach unserer Kindheit noch Milch vertragen, ist das Ergebnis einer genetischen Mutation.

Was genau ist aber eine Laktoseintoleranz?
Leidet man unter Laktoseintoleranz, bedeutet das, dass man nach dem Verzehr von Milchprodukten innerhalb kürzester Zeit unter anderem Beschwerden bekommt wie Blähungen, Magenkrämpfe und Durchfall. Sie treten auf, weil der Körper den Milchzucker – die Laktose – nicht verarbeiten kann wie gesunde Menschen, die diesen mit Hilfe des Enzyms Laktase spalten können. Bei Laktoseintoleranten wandert die Laktose ungespalten in den Dickdarm, wo sich die Darmbakterien mit Begeisterung auf sie stürzen und Gärprozesse in Gang setzen. Auch bindet Laktose Wasser und zieht damit immer mehr Flüssigkeit in den Darmtrakt – der Stuhl wird flüssiger. Den Rest tragen dann bei der bakteriellen Zersetzung entstehende Säuren bei, die die Darmbewegung anregen.

Milchzucker ist in Milchprodukten in verschieden hohen Mengen vorhanden. Das heißt, dass man lange gar nicht bemerkt, dass es gerade die Milchprodukte sind, die einem zusetzen, da man das eine oder andere Produkt (wie Emmentaler) essen kann, ohne dass Beschwerden auftreten. Hier ist die Menge an Laktose einfach verschwindend gering.

Auch wichtig: Laktoseintoleranz ist keine Allergie gegen Milch!

Meine Erfahrungen
Dass ich unter Laktoseintoleranz leide, vermutete ich lange nicht. Ich war immer jemand, der Unmengen an Milchprodukten beim Kochen verwendete – das ging manchmal gut, manchmal eben nicht, je nachdem, was ich benutzte. Da ich sowieso schon von Jugend auf Probleme mit Bauchschmerzen hatte und oft mit dem Essen auf Kriegsfuß stand, führte ich die Symptome einfach daraufhin zurück. Als ich im Referendariat plötzlich noch mehr abnahm, durchlief ich dann eine Reihe von Tests (danke an die Privatversicherung), bei denen auch die Sprache auf die Intoleranz kam.

Laktoseintoleranz kann man auf mehrere Arten diagnostizieren. Entweder, man macht einen Selbstbeobachtungstest mit Essenstagebuch, in dem man notiert, wann man isst und wann Symptome auftreten. So wurde meine Intoleranz festgestellt. Man kann auch einen H2-Atemtest machen, bei dem der Wasserstoffgehalt in der Atemluft nach dem Trinken einer Milchzuckerlösung gemessen wird, oder man misst den Blutzuckerspiegel nach dem Trinken der Lösung.

Anfangs fand ich es schwer, mich zurechtzufinden. Laktose ist in so vielen Lebensmitteln enthalten, von denen ich es nicht erwartet hätte. Wurst, Fertigsuppen, Süßigkeiten – plötzlich verbrachte ich doppelt so viel Zeit im Supermarkt, weil ich bei allem, was ich kaufen wollte, die Zutatenliste durchlesen musste. Oft griff ich der Einfachheit halber zu den als laktosefrei markierten Lebensmitteln oder kaufte immer und immer dasselbe, wenn ich es eilig hatte. Andererseits ging ich bei anderen Lebensmitteln automatisch davon aus, dass Milch enthalten sei, obwohl dem gar nicht der Fall war. So aß ich einen Sommer lang nur Wassereis.

Je länger ich mich mit dem Thema beschäftigte, desto genauer wusste ich, was ich essen konnte – eine große Menge an Käse ist zum Beispiel automatisch laktosefrei und das Fruchteis in unseren Eisdielen wurde auch immer ohne Zusatz von Milch gemacht. Ansonsten greife ich immer noch zu laktosefreien Produkten, wenn ich zum Beispiel Milch oder Joghurt essen möchte. Hier habe ich viele Hersteller durchprobiert – gerade ein sehr namhafter Hersteller bringt es nicht fertig, das Essen wie gewohnt schmecken zu lassen, hier ist alles eine Runde süßer bis hin zum Geschmack pappsüß.

Kurz nachdem ich die Diagnose bekam, gab es auch nur einen Bruchteil der laktosefreien Lebensmittel, in unseren Dorfläden hatte ich Glück, wenn ich laktosefreie Milch finden konnte. Ich habe das Gefühl, dass in den letzten zwei Jahren die Aufmerksamkeit auf Krankheiten wie Laktose- und Glutenunverträglichkeiten explosionsartig gestiegen ist. Neue Produktreihen scheinen aus dem Boden zu schießen und die meisten großen Supermärkte markieren große Teile ihres Sortiments. Das macht mir Einkaufen natürlich einfacher – ich habe aber auch merken müssen, dass vor allem billige, von Natur aus laktosefreie Produkte (wie eben geriebener Edamer) nicht markiert sind. Taktik? Wer weiß. Sich zu informieren, schadet Betroffenen also dennoch nicht, um sich in den Regalen zurecht zu finden und nicht unnötig viel Geld auszugeben.

Ein bisschen blöd komme ich mir immer nur vor, wenn wir Essen gehen – auf jeder Karte habe ich bisher immer noch Speisen gefunden, die ich essen konnte, oder habe einfach Beilagen ausgetauscht. Aber sicherheitshalber frage ich immer noch einmal nach. Ich mache so ungern zusätzliche Umstände.

Um das zu vermeiden, gibt es natürlich auch Tabletten, die man zum Essen nehmen kann. Es gibt sie in verschiedenen Dosierungen und anfangs ist es auch erst einmal etwas umständlich, weil man die Menge nachschlagen und eventuell sogar rechnen muss, wie viele man braucht. Mittlerweile habe ich aber auch die richtige Dosierung für mich gefunden. Trotzdem nehme ich sie nur selten, weil ich das Gefühl habe, dass sie bei zu häufiger Anwendung meinem Körper auch nicht so gut tun.

Kann ich überhaupt Eis essen?
Ich feiere den Tag, an dem unsere Eisdiele öffnet, denn dann kann ich endlich wieder unbesorgt zumindest Fruchteissorten essen, ohne mir Gedanken machen zu müssen. Die meisten Eisdielen, bei denen ich mich erkundigt habe, verzichten bei Fruchteis auf die Zugabe von Milch (anders als Hersteller von Eis für den Supermarkt). Auch in Supermärkten und bei Lieferdiensten wie Eismann und Bofrost habe ich laktosefreies Eis probiert, aber es schmeckt mir leider absolut nicht. Mal stimmt die Konsistenz nicht, mal ist es zu süß – zufrieden war ich hier mit keinem. Auch die Auswahl ist erschreckend winzig – oft gibt es nur die Standardsorten Erdbeere, Schokolade, Vanille. Dabei liebe ich vor allem beerige Eissorten abseits von der Standarderdbeere.

Oft habe ich darüber nachgedacht, mir mein Eis selbst zu machen – sollte ich je Platz im Gefrierfach haben, werde ich das sicher auch einmal austesten – vor allem, um die Lücke zu füllen, die meine Eisdiele in der kalten Jahreszeit hinterlässt.