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Andersesser: Fruktoseintoleranz / Fruktosemalabsorption


Nun hatten wir hier bereits Beiträge über die laktoseintoleranten und die veganen "Andersesser". Was nun noch fehlt als eine der größeren und wohl wahrscheinlich auch bekannteren Gruppen derjenigen, die sich aufgrund ihrer Neigung oder einer Intoleranz nicht einfach so wahllos im Supermarkt bedienen können, sind diejenigen die es mit einer Fruktoseintoleranz oder eher Fruktosemalabsoprtion zu tun haben.
Stellvertretend für diese Gruppe darf ich euch heute Sonja vorstellen, die so nett war mir einige Fragen zu ihrer Intoleranz und ihrem Umgang damit zu beantworten.
Sonja ist 28 Jahre alt und arbeitet als fremdsprachliche Wirtschaftskorrespondentin. Seit Sommer 2012 führt sie ihren Foodblog The whitest cake alive.


Allgemeine Information über Fruktosemalabsorption

Eine Fruktose-Intoleranz ist eine Stoffwechselstörung, das bedeutet vereinfacht gesagt, dass der Körper nur eine bestimmte, meist sehr geringe Menge an Fruktose - Fruchtzucker - aufnehmen kann. Überschreitet man diese Toleranzgrenze bekommt man schnell Magen-Darm-Beschwerden wie Blähungen, Magenkrämpfe, ständiges Aufstoßen, Völlegefühl, Übelkeit nach dem Essen, Bauchschmerzen, Durchfall, Erbrechen, Sodbrennen, etc. Die Symptome sind vergleichbar mit denen der Laktoseintoleranz. Als Betroffener hat man begleitend auch viele andere unspezifische Symptome wie häufige Müdigkeit, Kopfschmerzen, Antriebslosigkeit, Unwohlsein, Schlappheit, eine erhöhte Infektionsanfälligkeit, Blähbauch, aber auch zahlreiche seelische Symptome, weshalb es oft auch viele Jahre bis zur richtigen Diagnose dauern kann.
Die Fruktosemalabsorption darf nicht mit der hereditären Fruktose-Intoleranz verwechselt werden.
Das ist eine schwerere, aber äußerst seltene Form dieser Intoleranz, die lebensbedrohlich sein kann, wenn sie nicht früh genug entdeckt wird.

Stark vereinfacht, kann man sich den Vorgang im Körper in etwa so vorstellen:
XY hat eben einen Apfel gegessen, welcher anschließend in seinen Verdauungstrakt gelangt. Im Dünndarm wird bei XY dann im Normalfall die Fruktose anhand eines Transportsystems, welches sich GLUT5 nennt „abgeholt“ und gerät somit in den Stoffwechsel.
XY hat keinerlei Beschwerden oder Probleme, da bei ihm alles problemlos funktioniert.
Bei einer fruktoseintoleranten Person ist dieses Transportsystem eingeschränkt oder funktioniert zeitweise überhaupt nicht mehr. Das kann passieren, wenn die Intoleranz lange Zeit unentdeckt bleibt. Ich habe also eine Horde fructoseförmiger Unruhestifter im Dünndarm, die alle in den GLUT5-"Bus" hinein wollen, in dem sich dummerweise aber nur fünf Sitzplätze befinden.Was nun? Fünf Fruktoseteilchen machen es sich also dort bequem und werden in meinen Stoffwechsel befördert. Die Fruktose, die im Dünndarm nicht aufgenommen wird, gerät in den Dickdarm. Dort geht es mit dem Rambazamba dann so richtig los. Das kann dann von Blähungen bis hin zu Durchfall das volle Programm sein und ist definitiv nicht mehr lustig. Du musst dir vorstellen, dass das für einen Menschen mit unentdeckter Intoleranz tagtäglich so ist und das ist nicht gerade angenehm.

Entdeckt wurde die Intoleranz bei mir auch nur durch Zufall vor zwei Jahren und ich habe sie seit bestimmt 5 Jahren. Da ging es zumindest los mit meinen Magenproblemen. Ich war zu dieser Zeit oft und auch oft direkt hintereinander krank. Als es ganz schlimm war hatte ich eine Blasenentzündung nach der anderen, die jeweils mit Antibiotika behandelt werden mussten – definitiv keine Wohltat für den Körper. Bei einer Kehlkopfentzündung kam dann endlich heraus, dass das mit dem Magen zu tun haben musste, da ich aufgrund der Intoleranz nonstop aufstoßen musste.
Ich bin wirklich verdammt froh, dass sich das gebessert hat.

Dürfen Früchte überhaupt gegessen werden?

Früchte müssen sogar gegessen werden! Allein schon um einem Vitaminmangel vorzubeugen.
Mal abgesehen von Obst würde aber auch sonst recht wenig übrig bleiben, was ich sonst essen könnte, denn, dass Fruktose nur in Früchten steckt ist ein weit verbreiteter Irrglaube.
Fruktose ist heutzutage künstlich zugesetzt in nahezu jedem industriell verarbeiteten Lebensmittel versteckt. Auch für gesunde Menschen kann das zum Problem werden. Man muss nur darauf achten, welches Obst und Gemüse man isst, da der Fruktoseanteil von Frucht zu Frucht unterschiedlich ist. Mit der Zeit lernt man, was besser und was schlechter geht.

Viel schwieriger ist, dass Fruktose in jedem haushaltsüblichen Zucker steckt und nun überlegt euch mal, wo der so überall drin ist. Genau, jetzt wird es auch schon verzwickt. Die Kunst bei dieser Intoleranz ist es ein ausgewogenes Verhältnis zu schaffen.
Ich brauche Früchte um gesund zu bleiben, aber esse ich zu viel davon macht es mich wiederum krank.
Es ist nicht einfach da eine Balance zu finden, denn wenn du mal in den Supermarkt gehst und einen Blick auf die Zutatenliste von Zwieback wirfst, dann stellst du fest, dass schon allein dort bis zu fünf verschiedene Zuckerarten drin sind.
Dementsprechend frustrierend können die ersten Einkäufe sein, irgendwann hat man das aber raus und mittlerweile gibt es ein paar alternative Zuckerarten, die bei einer Fruktose-Intoleranz okay sind.

Wie lebst du damit?

Als ich erfahren habe, dass ich diese Intoleranz habe, da hatte ich erst einmal nur Fragezeichen im Kopf und fragte mich, was ich nun überhaupt noch essen kann. Die läppische Bemerkung des Gastroenterlogen á la „Da kann man eh nichts machen, denn Fruktose ist eh überall drin“ hat es nicht gerade besser gemacht. Ich habe festgestellt, dass Ärzte und Ernährungsberater den Dschungel auf diesem Gebiet nicht gerade lichten können, oft selbst keine Ahnung haben und einen nur noch mehr verwirren und verunsichern. Mein Hausarzt gibt wenigstens zu, dass er sich auf dem Gebiet nicht auskennt. Da hat man es mit einer Laktose- oder Glutenunverträglichkeit heute schon wesentlich leichter, denn das kennen fast alle.

Ich habe mir also Literatur besorgt und mir vieles im Internet selbst angelesen. Zuhause habe ich meine Küche auf verträgliche und unverträgliche Lebensmittel durchforstet und auch ein Ernährungstagebuch hat mir sehr geholfen die Lebensmittel zu finden, die ich vertrage, nicht vertrage oder einigermaßen vertrage.
Es kommt auch immer auf die Tageszeit an oder darauf ob ein Gemüse gekocht ist oder nicht. Verbacken und ohne Schale vertrage ich Äpfel besser als roh, das funktioniert momentan gar nicht. Im nächsten Schritt habe ich eine 2-3 wöchige Karenzphase eingehalten, das ist eine Art Diät in der man komplett auf Fruktose verzichtet damit sich der Darm wieder erholen kann, die Beschwerden verschwinden und es einem allgemein wieder besser geht.

Die Karenzphase hat mir sehr geholfen und es war sooo schön nicht nach beinahe jedem Essen so wie in den Jahren davor Blähungen und weitere unangenehme Beschwerden zu haben. Als Normalo kann man sich wahrscheinlich gar nicht vorstellen, wie ätzend das ist.
Nach dieser Phase habe ich mich Schritt für Schritt wieder an fructosehaltigen Lebensmitteln versucht, da merkt man dann schon schnell was für einen geht und was nicht. Ich halte mich aber auch nicht immer so strikt daran, Sünden sind erlaubt, das gehört dazu und eine Intoleranz ist keine Allergie.
Mit der Zeit hat man den Bogen raus, weiß was wann und wie geht und wenn ich mal einen Fehler mache, kann ich das Risiko ganz gut einschätzen und weiß in etwa worauf ich mich einlasse.

Wichtig zu wissen ist, dass es bei dieser Intoleranz keine Regeln und Richtlinien gibt, die für alle Betroffenen gelten. In der Theorie sollten beispielsweise die meisten Betroffenen Tomaten problemlos essen können, aber in der Praxis ist das häufig nicht der Fall.
Jeder muss also wirklich ganz individuell und für sich herausfinden, was er in welcher Menge essen kann. Das ist nicht einfach. Von vielen industriell hochgradig verarbeiteten Lebensmitteln halte ich mich allerdings bis heute fern, da ich für mich festgestellt habe, dass mir diese nicht gut tun.
Ich ernähre mich also auch sehr viel bewusster und halte mich lieber an weitestgehend natürlich verarbeitete Lebensmittel, vieles mache ich auch selbst.

Wenn ich unterwegs oder zu Besuch bin wird es aber wieder komplizierter, deshalb nehme ich zum Beispiel überall meinen eigenen (Trauben)Zucker für Kaffee mit oder gucke, dass es etwas gibt, das ich auch ohne größere Probleme essen kann. Kommt auch schonmal vor, dass ich eigene fructosearme Marmelade zum Brunch mitbringe, aber meine Freunde wissen das und es ist in Ordnung.
Bei Restaurants bin ich wählerisch, wird mit Glutamat gekocht, dann gehe ich von vorneherein in dem Lokal nicht essen. Ein Besuch in der Imbissbude kommt nicht in Frage. Ich versuche so gut es geht jegliche Lokalitäten zu vermeiden, in denen ich nicht weiß oder herausfinden kann, wie und womit das Essen hergestellt wird. Immer klappt das aber auch nicht.

Hast du irgendwelche Einschränkungen die du beim Einkaufen in einem üblichen Supermarkt beachten musst?

Viele, denn ich kann nichts in meinen Einkaufskorb packen ohne vorher auf die Zutatenliste zu schauen.
In 99% der Fälle halte ich mich dabei an die Regel, dass ein Lebensmittel pro 100g Produkt höchstens 1g Zucker enthalten darf und fahre damit ganz gut.
Auch sollten keine Zusatzstoffe oder E-Nummern enthalten sein, denn das vertrage ich nicht so gut. Je natürlicher desto besser. Klar fällt da einiges weg, aber in diesen Produkten ist mir dann ohnehin zu viel Kunstkram drin als das ich sie wirklich genießen könnte/wollte.
Fertigprodukte lasse ich direkt links liegen, Glutamat ist ja schon für viele gesunde Menschen eine Zumutung. Ich kann euch wirklich nicht sagen, wann ich das letzte Mal eine Tiefkühl-Pizza gegessen habe…

An den meisten Regalen laufe ich vorbei, denn es geht aufgrund der hohen Zuckermengen das meiste einfach nicht. Dann steuere ich doch lieber das Obst- und Gemüseregal an, da wo die wirklich wichtigen Vitamine herkommen und dort gucke ich dann nach für mich „gutem“ oder „bösem“ Obst und Gemüse. Äpfel sind eher schlecht, ich nehme dafür lieber Bananen oder eine Papaya mit, denn deren Fruktosegehalt ist geringer und für mich besser verträglich.

Zusammenfassend kann ich wohl sagen, dass ich mich mit der Intoleranz sehr viel gesünder und bewusster ernähre als davor und darauf achte, was ich wo kaufe und wo das herkommt. Das ist dann sogar mal ein richtig positiver Punkt daran.
Man darf sich als Betroffener nicht verrückt machen lassen und es gibt mittlerweile auch tolle Onlineshops wie Frusano, bei denen man sich ein wenig eindecken kann. Sogar die Drogeriemarkt Kette dm bietet seit Ende Januar ein paar Produkte für Fruktose Intolerante an, das ist eine tolle Entwicklung!

Gibt es vielleicht Medikamente, die die Intoleranz abschwächen?

Ja, es gibt Fructosin, das ist in Deutschland allerdings aufgrund von Patentstreitigkeiten nicht erhältlich. Bislang konnte ich es also noch nicht testen.
Sonst nehme ich keine Medikamente ein und schaue lieber, dass ich mit der Zeit eine gesunde Toleranz aufbauen kann. Es ist nicht ausgeschlossen, dass ich irgendwann wieder ohne all diese Einschränkungen essen kann und darauf hoffe ich. Bis dahin muss ich mir eben das eine oder andere Essgelage verkneifen.

Kannst du dich wahllos an einer Eisdiele oder im Supermarkt an der Kühltheke bedienen, oder musst du bei der Auswahl etwas beachten?

Nein, es gibt an Eisdielen kein fructosefreies Eis und erst Recht nicht im Supermarkt. Fructosefrei ist sowieso ein gefährliches Wort, da es so gut wie nie zutrifft.
Ich halte mich dann eben eher mal an Sorten, in denen ich nicht ganz so viel Zucker vermute. In Stuttgart gehe ich aber ab und an gerne im Old Bridge (Bolzstraße 10, Stuttgart) eine Kugel essen, denn dort kommt in das Eis nur rein, was auch rein gehört und sonst nichts. Kein künstlich zugesetzter Zucker, keine Chemie, keine künstlichen Farbstoffe. Alles ist natürlich und das gönne ich mir dann guten Gewissens mal. Nach einer Kugel Eis muss ich meist nicht direkt die nächste Toilette aufsuchen.

Bislang gibt es zwar eine ganz gute Auswahl für Veganer und Menschen mit Laktoseintoleranz, aber für Leute wie mich ist da bislang leider noch nichts wirklich Passendes dabei. Ein (Frucht)Eis mit Traubenzucker wäre da schon wirklich toll! Vielleicht kommt sowas in Zukunft ja noch, wer weiß?

Was sind deine Lieblingssorten?

Meine Lieblingssorte ist Pistazie! Die gönne ich mir sehr gerne im Old Bridge. Zartbitter ist allerdings auch nicht zu verachten… Ach, ich mag im Grunde jede Eissorte und bin da nicht wählerisch!

Ist das selber herstellen von Eis eine Option für dich?

Ja, eine gute sogar. Zumindest wenn ich auf dem Balkon sitze oder sonstwie gerade Zuhause oder in der Nähe bin. Da ich im Supermarkt kein optimal verträgliches Eis kaufen kann, mache ich das wie so vieles andere lieber selbst. Eis machen ist ja auch ohne Eismaschine nicht soo schwierig, meist gucke ich was ich an verträglichem Obst oder Schokolade da habe und werfe das dann zusammen. Bislang hat es immer geschmeckt. Ich sollte mich mal genauer hier bei dir umschauen, bestimmt kann ich so manches Rezept abwandeln.