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Die Ursache der Cremigkeit


Wieder einmal trete ich an, um einen der größeren Irrtümer rund um das Eis, das zuhause hergestellt wird, aufzuklären.

Immer wieder taucht im Internet die Frage auf, wie man denn ein selbst gemachtes Eis im Tiefkühler "cremig" erhält. Der geneigte Leser bzw. Besucher meines Blogs hier, kennt einen Weg, wie das geht. Und zwar über den Zuckergehalt der Masse.
Eine andere Möglichkeit ist noch dieses Verhalten über die Zugabe von Alkohol oder aber, falls jemand sehr experimentell unterwegs sein sollte, Salz. (Wobei ich nicht denke, dass irgend jemand ernsthaft Salz in entsprechender Menge seiner Eisrohmasse zusetzen möchte.)
Als Antwort auf diese Frage kommt aber immer und immer wieder, dass das Eis mehr Fett braucht. Dabei denken die Antworter in den meisten Fällen an Sahne, Mascarpone, Creme Double, usw.

Es stimmt zwar, dass Fett anders gefriert als Wasser, so wie es da bei jedem Stoff einen Unterschied gibt, aber dennoch gefriert. Vielleicht wäre es hier angebracht davon zu sprechen, dass das Fett oder das Öl seine Fließfähigkeit verliert. Zu gut deutsch, es wechselt seinen Aggregatszustand von flüssig zu fest bei niedrigen Temperaturen.
Nun werden manche Personen sicherlich sagen, dass Fett aber auch erst bei niedrigeren Temperaturen gefriert bzw. fest wird, als Wasser und somit die Eismasse entsprechend am hart werden hindern müsste.
Ja, es gibt entsprechende Öle, die auch bei tieferen Temperaturen noch flüssig sind. Bestes Beispiel sind Motoröle. Euer Auto, Motorad, LKW oder ein anderes Kraftfahrzeug sollte im Normalfall auch im Winter fahren können und zumindest vor einigen Jahren waren auch in Deutschland noch Temperaturen bis -20°C nicht unüblich. Aber wer möchte denn Motoröl in seinem Eis haben?

Im Übrigen gewährleistet auch die Bilanzierung einer Eisrohmasse über das Verhältnis der Trockenmasse nicht, dass dieses bei den üblichen -18°C noch cremig bzw. portionierbar ist.

Aber wieso sind dann so viele Personen der Meinung, dass Fett die "Cremigkeit" verursacht?
Ich glaube, dass hier sehr oft das tolle Mundgefühl, von eben diesen Fetten verursacht, gerne mit der eigentlichen "Cremigkeit" verwechselt wird. Eine Creme ist per Definition eine halbfeste und streichfähige Masse. Das gilt sowohl in der Kosmetik, in der Medizin wie eben auch bei Lebensmitteln.
Dieses Mundgefühl, wobei dabei ganz maßgeblich das Enzym Amylase beteiligt ist, lässt und ein Sahneeis als "cremiger" empfinden als ein Sorbet. Dennoch ist beides als cremig zu bezeichnen. Beides ist im Servierzustand halbfest und streichfähig. Wir betrügen uns hier also ein wenig selbst und müssen wirklich gut unterscheiden zwischen dem Mundgefühl der Cremigkeit, welche mit Einsatz von Fetten positiver wahrgenommen wird, und einer eigentlichen Cremigkeit, dessen Benennung eine Masse im halbfest und streichfähigem Zustand beschreibt.
Zu besseren Unterscheidung kann man das Mundgefühl der Cremigkeit in den allermeisten Fällen auch als "Fat Taste" bezeichnen. Das trifft es auch recht genau was es ist, denn der Einsatz von Fetten beeinflusst diese Wahrnehmung des Mundgefühls ganz erheblich, aber eben nicht die wirkliche Cremigkeit, die wir beim Eis so sehr wünschen.

Wenn ihr also demnächst jemanden in einem dieser Internetplattformen erklären wollt was seinem Eis fehlt, damit es Cremig bleibt im Tiefkühler (-18°C). Dann antwortet bitte nicht mit "Fett", "mehr Sahne", "tu Mascarpone" rein, sondern gebt den Tipp, dass es entweder Zucker oder Alkohol braucht. Alles andere ist Spielerei, die nicht zum Erfolg führen wird.


Weiterführende Links und Quellen:
Manufactum - Cremig oder schleimig. Vom Mundgefühl.
Wikipedia - Amylase