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Buchrezension: Eis - Perfektion aus Leidenschaft (Jeff Oberweis, Umschau Verlag)

Kennt ihr das Buch "Der satanarchäolügenialkohöllischen Wunschpunsch"? Ja? Dann wisst ihr sicherlich auch, dass man manche Bücher schlicht und ergreifend nicht nebeneinander im Bücherregal platzieren sollte. Das kann ganze Kriege und Schlachten zwischen den Bücherwesen auslösen und genau das wäre auch hier der Fall, wenn man das Buch Frozen Desserts und hier dieses neue Buch aus dem Umschau Verlag Eis - Perfektion aus Leidenschaft nebeneinander stellen würde.
Ja, beide Bücher sind tatsächlich vergleichbar, allerdings sprechen sie ganz unterschiedliche Zielgruppen an. Während Frozen Desserts eher die versierteren Köche und Patissiers anspricht ist dieses Buch nun tatsächlich für den Hausgebrauch, auch wenn es ähnlich hochwertig daher kommt.

Aus „EIS – PERFEKTION AUS LEIDENSCHAFT“, Neuer Umschau Buchverlag
Das Buch Eis - Perfektion aus Leidenschaft steigt etwas tiefer in die Welt der Eismacherei ein und erklärt anschaulich und mit vielen Beispielrechnungen unter allen (!) Rezepten die Kalkulation des Trockenmassegehalts einer Eismasse. Und genau dieser Part fehlt in sehr vielen der anderen Kochbücher über Eis mit Zielgruppe Hobbykoch.
Mit der Geschichte der Eismacherei und manch anderen Themen, die in anderen Eis-Kochbüchern ausgiebist behandelt werden, beschäftigt sich dieses Buch nicht. Nach einer kurzweilig geschriebenen Einführung wird direkt gestartet mit Erläuterungen rund um die drei Grundsäulen der Eismacherei: Süßkraft, Trockensubstanz und Fett. Mit diesem Grundgerüst an Wissen wird dann zum nächsten Kapitel, den Zutaten, über gegangen.
Es wird auf die Süßkraft verschiedener Süßungsmittel eingegangen, anhand von zwei Grafiken, wird nochmal der Trockenmasseanteil am Beispiel von Milch und Schokolade erklärt und natürlich sind verschiedene Tabellen zu finden mit den aufgelisteten möglichen Zutaten, deren Trockensubstanz, dem Fettgehalt, der Süßkraft und dem empfohlenem Anteil in einer Eiszubereitung. Auf die Zutat Schokolade wird noch extra ausführlich eingegangen und zuletzt gibt es noch einen kleinen Ausflug in Richtung der benötigten Ausrüstung, wobei hier der Leser nicht zu einer aktiv gekühlten Eismaschine gedrängt wird. Der Text ist auch hier erfrischend neutral gehalten.
Wir sind jetzt mit dem Ende dieses theoretischen Teils auf Seite 27 angelangt. Das Buch hat abzüglich Rezeptregister 163 Seiten. Das heißt, dass sich nun alle folgenden Seite, immerhin also 136 nur und ausschließlich den Rezepten widmet. Das finde ich persönlich top, weil wir hier auch schon Bücher hatten, bei denen der Theorieteil, ohne eine tiefer gehende Erklärung zur Trockensubstanz, gut und gerne das halbe Buch verschlungen hat.
Hier sind es 27 Seite kompaktes Wissen leicht erklärt. Das ist eine Kunst für sich. Zusammen mit den nun folgenden Rezepten wird jeder Leser in der Lage sein, die Sache mit der Berechnung der Trockensubstanz zu verstehen und nachzuvollziehen.

Aus „EIS – PERFEKTION AUS LEIDENSCHAFT“, Neuer Umschau Buchverlag
Und dabei wären wir dann bereits im Rezeptteil des Buches:
Wir beginnen hier mit einem Teil für fruchtige Sorbets, Sahneeiscremes folgen darauf. Weiter geht es mit Parfaits und Eismousse, Milchshakes, Eisbecher, Begleitwerk zu Eis (Gebäck) und als krönender Abschluss Eistorten.
Bei den Rezepten wird natürlich mit den verschiedenen Süßungsmitteln gearbeitet. So beispielsweise mit Glukosepulver, Invertzucker und Milchzucker. In der professionellen Eismacherei ist das so üblich und an dieser orientiert sich das Buch natürlich. Aber es gibt einem auch das Handwerkszeug mit sich die Mengen in Haushaltszucker umzurechnen, falls das jemand bevorzugt.
Bei sämtlichen Eissorten wird ohne spezielle Bindemittel gearbeitet, was aber auch im Umkehrschluss bedeutet, dass die Sahneeissorten sämtlichst mit Eigelben abgebunden werden. Aber auch hier ist man, dank der ausführlichen Erläuterung zu Beginn des Buches, nicht daran gebunden. Man kann die Eigelbe herausrechnen und statt dessen ohne schlechtes Gewissen zu haben die Eismassen mit Stärke, Johannisbrot- oder Guarkernmehl binden und sich die Rezepte entsprechend umrechnen.
Die Kalkulationsrechnungen zum Ende jeden Rezeptes enthalten sowohl das Gewicht, den Anteil des Gewichts an der Gesamtmenge, die Gesamttrockensubstanz, Fett, Trockensubstanz der Milchprodukte und die Süßkraft. Die Ergebniszeile liefert einem dann jeweils die Anteile an der Gesamtmenge und im Vergleich dazu wird dann auch gleich der erstrebenswerte Idealwert angegeben.

Aus „EIS – PERFEKTION AUS LEIDENSCHAFT“, Neuer Umschau Buchverlag
Ob die präsentierten Eissorten schmecken? Aber natürlich. Auch hier habe ich mir es nicht nehmen lassen ein paar Sorten auszuprobieren. Und ich bin mir absolut sicher, dass auch die nicht probierten Sorten hervorragend schmecken werden.
Die Auswahl der abgedruckten Eisrezepte ist eher klassisch. Besondere Kompositionen finden sich hier eher nicht. Allerdings sehe ich dieses Buch auch eher als Grundlage an um die Eismacherei für sich zu perfektionieren mit Hilfe des vermittelten Wissens. Und diese Grundlagen sollten dann auch erst einmal an relativ einfachen Kompositionen geübt werden. Experimente und Varianten können dann später erfolgen, wenn die Grundlagen erfolgreich bewältigt sind. So fängt man ja schließlich an, wenn etwas erlernt wird.

Ich habe mir übrigens den Spaß gemacht meine eigenen Rezepte auch mal durch zu rechnen was den Trockenmassegehalt, der bei meiner Eismacherei ja nicht im Vordergrund steht, angeht. Pi mal Daumen passt es so ungefähr. Aber das sieht man auch bei den Rechungen unter den jeweiligen Rezepten im Buch. Dort ist neben dem Gesamtwert der Trockensubstanz auch jeweils immer die Süße angegeben, also genau das, was ich hier üblicherweise mit meinem Refraktometer ermittel. (Zielwert: 32%)
Der geneigte Leser von diesem Blog hier wird also in dem Buch auf Anhieb erkennen können, welche Rezepte direkt aus der Tiefkühltruhe gelöffelt werden könnten und welche eine Auftauzeit benötigt. ;)

Wer die Eismacherei also mal so richtig verstehen möchte, von Grund auf, der ist mit diesem Buch auf jeden Fall sehr gut ausgestattet. Besser als mit den meisten anderen Büchern über Eis, die ich mir zwischenzeitlich angesehen habe.
Wer allerdings bereits Frozen Desserts im Regal stehen hat und mit diesem zurecht kommt, der braucht dieses Buch hier nicht mehr. Andersrum allerdings genauso, es sei denn man möchte sich noch an besonderen Kunstwerken aus Eis, Schokolade, Zucker und Co. erfreuen, die für den Privathaushalt aber kaum nachzumachen sind.
Ich habe hier beide Bücher stehen und würde man mich vor die Wahl stellen, dann würde ich derzeit dem Buch des Umschau Verlags den Vorzug geben. Einfach weil es kompakter ist und auch das darin steckende Wissen kompakter aber dennoch anschaulich vermittelt.

Anfängern in der Eismacherei würde ich raten zuerst eines der Rezepte sich auszusuchen und herzustellen. Und wenn dieses Rezept überzeugt, und da bin ich mir sicher, dann gönnt euch ein paar Eiskugeln und rechnet nebenbei mal dieses Rezept zusammen mit den Hilfestellungen im Buch durch. Diese Verbindung wird euch dann direkt in die Kunst der Eismacherei einführen. Und euch stecht der Weg zu allen erdenklichen Kreationen und Variationen offen.


Daten zum Buch:
Titel: Eis - Perfektion aus Leidenschaft
Autor: Jeff Oberweis
Verlag: Umschau Verlag
Erschienen: 2015 (1. Auflage)
ISBN: 978-3-86528-788-5
Preis: 19,95€
Detailseite des Verlags

Buchrückentext:
Eis zum selbermachen, dann aber mit bestem Geschmack und in perfekter Cremigkeit!

Wie das perfekte Eis gemacht wird, verrät der renommierte Patissier und Eismacher Jeff Oberweis in diesem Standardwerk. Übersichtliche Tabellen, einfache Erklärungen über Zutaten und Produktion und Tipps und Tricks des Profis bieten Zugang zu umfassendem Expertenwissen und garantieren das beste Ergebnis.

Ein Eis-Buch der Superlative mit der Formel für 100-prozentigen Geschmack und die optimale Eiskonsistenz.
Jeff Oberweis, Eis - Perfektion aus Leidenschaft, Neuer Umschau Verlag



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